Karlsruhe steht finanziell unter massivem Druck. Ein Defizit von 50 Millionen Euro zwingt die Stadt zum Handeln. Bereits seit Februar gilt eine Haushaltssperre. Um den Eingriff des Regierungspräsidiums zu verhindern, hat die Verwaltung ein Sparpaket im Umfang von 15 Millionen Euro geschnürt. Der Gemeinderat soll am 24. Juni darüber abstimmen. Die Einsparungen betreffen zahlreiche Bereiche – darunter Personal, Zuschüsse, soziale Projekte und die Kinderbetreuung. 35 Millionen Euro sollen aus Rücklagen der städtischen Gesellschaften kommen, weitere 15 Millionen aus konkreten Kürzungen.
Personalabbau ohne Kündigungen geplant
Besonders tief soll im Verwaltungsbereich gespart werden. Nach Informationen des Südwestrundfunks stammen mindestens 10 Millionen Euro aus der Streichliste für Personal. Geplant ist, offene Stellen nicht nachzubesetzen. Auch Beförderungen sollen ausgesetzt oder verschoben werden, um Kosten zu senken. Eine Kündigungswelle ist jedoch nicht vorgesehen.
Die Einschnitte treffen nicht nur die Mitarbeiterstruktur. Auch die Organisation selbst soll verschlankt werden. Zahlreiche Gremien und Ausschüsse werden von Gemeinderäten infrage gestellt. Die CDU kritisierte die Ausweitung nicht-pflichtiger Aufgabenbereiche, die in der Vergangenheit zu einem Personalaufbau geführt hätten. Tobias Bunk (CDU) forderte eine drastische Überprüfung der bestehenden Verwaltungsstrukturen.
Zuschüsse für Hebammenverband und soziale Projekte betroffen
Der Zuschuss für den Hebammenverband Karlsruhe ist Teil der Kürzungsvorschläge. Der Verband könnte damit seine städtische Unterstützung verlieren. Diese Maßnahme ist umstritten, da sie langfristig Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit im Bereich Geburtshilfe haben könnte.
Auch andere soziale Projekte stehen zur Diskussion. Die Stadt versucht, in vielen Bereichen kleinere Beträge zusammenzutragen, um die Gesamtsumme zu erreichen. Eine vollständige Liste der Streichungen liegt dem Gemeinderat bereits vor. Besonders die SPD und die Grünen äußerten sich zurückhaltend zur pauschalen Kürzung sensibler Fördergelder.
Kita-Geschwisterrabatt soll möglicherweise schrittweise abgeschafft werden
Ein zentrales Diskussionsthema ist der Geschwisterrabatt in städtischen Kindertagesstätten. Derzeit zahlen Eltern nur für das erste Kind, wenn mehrere Geschwister dieselbe Einrichtung besuchen. Die sofortige Streichung könnte der Stadt in diesem Jahr 2 Millionen Euro bringen.
Diese Maßnahme ist jedoch politisch heikel. Zahlreiche Stadträte befürchten Proteste von Eltern. Denkbar ist nun, den Rabatt in diesem Jahr noch aufrechtzuerhalten und ab 2026 stufenweise zu senken. Wie die fehlenden Mittel kurzfristig kompensiert werden können, ist derzeit unklar. Die Verwaltung prüft Alternativen.
Kritik an Bauprojekten und Haushaltsführung
Im Gemeinderat wird die Kritik an der bisherigen Haushaltsführung lauter. Vor allem teure städtische Bauprojekte stehen im Fokus. Detlef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der CDU, kritisierte etwa den Bau von Sporthallen. Die Kosten seien deutlich höher als vergleichbare Projekte in anderen Städten, während der Nutzen nicht im Verhältnis stehe.
Auch innerhalb der SPD gibt es Stimmen, die künftige Investitionen schärfer prüfen wollen. Yvette Melchien, Fraktionsvorsitzende der SPD, betonte die Verantwortung des Gemeinderats bei der Entwicklung der Haushaltslage. Sie sprach sich dafür aus, klare Schwerpunkte zu setzen und nicht jeden Wunsch zu finanzieren.
Forderung nach langfristiger Finanzstrategie
Friedemann Kalmbach (FÜR Karlsruhe) warnt vor kurzfristigen Einzellösungen. Er fordert eine übergeordnete Strategie zur Haushaltskonsolidierung. In einem Schreiben an Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) spricht er sich gegen das sogenannte Rasenmäherprinzip aus – also gleichmäßige Einschnitte in allen Bereichen. Für den kommenden Doppelhaushalt 2026/27 werden jährliche Einsparungen von 80 Millionen Euro erwartet.
Aljoscha Löffler, Co-Vorsitzender der Grünen im Gemeinderat, forderte ebenfalls langfristiges Denken. Projekte müssten in Zukunft nach Priorität und Wirkung gewichtet werden. Auch Petra Lorenz (Freie Wähler) sieht in der aktuellen Krise die Chance, neue Spielräume durch gezielte Investitionen zu schaffen. Eine mögliche Lösung sehen mehrere Parteien in der Förderung der Wirtschaft: Höhere Gewerbesteuereinnahmen könnten durch verbesserte Standortbedingungen erzielt werden.
Gemeinderat setzt auf Einigkeit vor entscheidender Sitzung
Die Abstimmung am 24. Juni wird zum Lackmustest für die Karlsruher Kommunalpolitik. Das 15-Millionen-Euro-Paket soll die Haushaltssperre beenden und der Stadt kurzfristige Handlungsfähigkeit sichern. Doch es ist nur ein erster Schritt. Die eigentliche Herausforderung steht mit dem kommenden Doppelhaushalt noch bevor.
Ob das Sparpaket beschlossen wird, entscheidet über die politische Stabilität in der Finanzkrise. Einige sehen darin die letzte Gelegenheit, das Eingreifen des Regierungspräsidiums zu vermeiden. Gelingt es nicht, die notwendigen Mittel bereitzustellen, droht Karlsruhe die Fremdverwaltung. Die kommenden Wochen könnten damit über die finanzielle Autonomie der Stadt entscheiden.
Quelle: SWR