Tatort am Mahnmal gesichert
Tatort am Mahnmal gesichert, Foto: pixabay

Ein Angriff im Zentrum Berlins sorgt erneut für bundesweite Diskussionen über islamistische Gewalt. Der Vorfall aus dem Februar hat nun eine juristische Wende genommen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat Anklage erhoben.

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Angriff auf spanischen Touristen am Holocaust-Mahnmal

Am 21. Februar wurde ein 27-jähriger spanischer Tourist im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin lebensgefährlich verletzt. Der mutmaßliche Täter: ein damals 19-jähriger syrischer Flüchtling. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung sowie versuchte Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die Tat wurde aus dem Hinterhalt verübt. Das Opfer wurde mit einem Messer in den Rücken gestochen und musste notoperiert werden.

Der mutmaßliche Angreifer wurde noch am selben Tag festgenommen – mit blutverschmierten Händen in unmittelbarer Nähe des Tatorts. In seinem Rucksack fanden Ermittler die mutmaßliche Tatwaffe, einen Koran, einen Zettel mit Versen sowie einen Gebetsteppich. Der Beschuldigte befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen übernahm drei Tage später die Bundesanwaltschaft wegen der besonderen Tragweite des Falls.

Ideologische Verbindung zur Terrormiliz Islamischer Staat

Laut Bundesanwaltschaft handelte der Tatverdächtige aus radikal-islamistischen und antisemitischen Motiven. Er soll sich aus dieser Haltung heraus bewusst für einen Angriff auf sogenannte Ungläubige entschieden haben. Die Ermittler sehen niedrige Beweggründe und Heimtücke als erfüllt an – Kriterien, die den versuchten Mordvorwurf stützen.

Kurz vor der Tat habe der Syrer ein Foto von sich über einen Messenger-Dienst an Mitglieder des Islamischen Staats gesendet. Ziel war es offenbar, dem IS eine spätere öffentliche Bekennung zur Tat zu ermöglichen. Die Anklage geht davon aus, dass der Täter die Ideologie der Terrororganisation vollständig übernommen hat. Auch die Fundstücke in seinem Rucksack werden als Ausdruck dieser Radikalisierung gewertet.

Einschätzung der Sicherheitslage in Deutschland

Die Attacke löste bundesweit Entsetzen aus. Auch das Bundesinnenministerium äußerte sich. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden stellen derzeit Einzeltäter mit einfachen Waffen wie Messern die größte Gefahr im Bereich des islamistischen Terrorismus in Europa dar. Der Tätertyp sei schwer vorhersehbar und handle häufig spontan, ohne strukturelle Anbindung an größere Netzwerke.

Auch die zunehmende Online-Radikalisierung spiele eine zentrale Rolle. Gruppen wie der IS nutzten Kommunikationsdienste, um Personen mit Gewaltbereitschaft direkt anzusprechen. Die Geschehnisse im Nahen Osten – etwa der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober – hätten zusätzlich zur Radikalisierung beigetragen.

Reaktionen von Organisationen und religiösen Vertretern

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland verurteilte die Tat. Man betonte, dass solche Angriffe nichts mit Solidarität für Palästina zu tun hätten. Gewalt gegen Unschuldige widerspreche den Grundwerten der Religion. Auch Vertreter jüdischer Organisationen zeigten sich schockiert über den Ort der Tat: das Holocaust-Mahnmal – ein zentraler Erinnerungsort in Deutschland.

Das von Peter Eisenman entworfene Denkmal wurde im Mai 2005 eröffnet. Es erinnert in der Nähe des Brandenburger Tors an rund sechs Millionen ermordete Juden zur Zeit des Nationalsozialismus. Der Angriff inmitten dieses Mahnmals verstärkt die symbolische Wirkung der Tat zusätzlich.

Der Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin wird nun darüber entscheiden, ob und wann der Prozess gegen den Beschuldigten beginnt. Ein konkreter Termin steht noch aus.

Quelle: Radio Bielefeld